Bereits zum 20. Mal lud Vierraden in der Uckermark am 17. August 2013 zum Tabakblütenfest.
Vor noch nicht allzu langer Zeit spielte der Tabak in Vierraden wie im gesamten Unteren Odertal und dem Randowbruch eine bedeutende Rolle. Mit dem Umbruch von 1989 kam auch das Aus für die Tabakindustrie in großem Maßstab. Von diesem einstigen, exotisch anmutenden landwirtschaftlichen Erwerbszweig künden heute noch manche unverwechselbare Gebäude, das Tabakmuseum und das Tabakblütenfest im August.
Vierraden selbst ist ein ruhiger Ort nördlich von Schwedt. Hier gab es bereits im Mittelalter eine Burganlage, die den Übergang über die Welse sicherte.
Die ehemals drittkleinste Stadt der DDR weist einige schöne Ecken auf und richtet nun seit 20 Jahren das Tabakblütenfest aus. Alte Scheunen, Speicher und Fabrikgebäude im Ortskern beweisen, daß der Tabak einst vielen Menschen ein Auskommen mit dem Einkommen sicherte und der Anbau einmal in großem Maßstab aufgezogen wurde. Das täuscht nicht darüber hinweg, dass es sich heute dabei nur noch um eine Episode der Geschichte handelt.
In dem ein oder anderen Garten sieht man heute noch vereinzelte Tabakpflanzen, die aus Liebhaberei oder zum Eigenbedarf gezogen werden. Viele Türen, Tore und Gartenzäune sind mit aufgefädelten Tabakblättern geschmückt. Die müssen schließlich auch woher stammen. Den gewerbsmäßigen Anbau auf Familienbasis, den gibt es aber so nicht mehr. Nur noch eine Firma betreibt den Anbau auf ein paar Hektar mit modernsten Maschinen und Methoden. Damit ist das Tabakblütenfest auch eine Art kulturelle Erinnerung.
Das Fest findet an 2 Orten statt. Natürlich am Tabakmuseum in der Breiten Straße und auf dem Marktplatz. Vierraden war früher eine Stadt und besaß somit das Marktrecht und eine Gerichtsbarkeit, die sich in einem schmucken Rathaus niederschlug.
Den Besuch der Ausstellung im Tabakmuseum habe ich mir gespart, dafür kannte ich den Schaugarten noch nicht, der selbstverständlich mit verschiedenen Tabaksorten, dem Tabak verwandte und anderweitig in Verbindung stehende Arten bepflanzt ist. Ein kleiner Maschinenpark ergänzt das Konzept.
In der Trockenscheune hat sich heute ein kleiner Cafebetrieb der Stärkung der Besucher angenommen. Es gibt selbstgebackenen Blechkuchen und frisch aufgebrühten Kaffee. Alles für einen Euro. Entweder lässt man sich auf den langen Bänken in der Scheune nieder oder macht es draußen an den Tischen (die mit Tabakblüten dekoriert sind) gemütlich. Ich bin mit meinem Kirschkuchen zum Kaffee hochzufrieden und beobachte vor der Scheune sitzend das Publikum. Es sind natürlich eher die älteren Semester. Diejenigen, die den Tabakanbau noch aus eigener Erfahrung kennen. Das junge Volk liebt zwar das Kraut zu rauchen, steht der aufwendigen Herstellung aber eher uninteressiert gegenüber.
Die angestellten Damen des Museums sind heute in rot-weißer Tracht unterwegs und geben sich wie immer sehr viel Mühe, den Besuchern alle Fragen zu beantworten. Frau Anke Grodon vom Stadtmuseum Schwedt (zu dem das Tabakmuseum organisatorisch gehört) hat sich für ein Photo zur Verfügung gestellt.
Auf der Breiten Straße (die zum Markt führt) fand dann um 11 Uhr der Festumzug statt. Nach ein paar Minuten Fußmarsch gelange ich zum eigentlichen Veranstaltungsort, dem Marktplatz. 2 € Eintritt sind zu entrichten und schon bin ich mittendrin im Geschehen. Statt nur dabei. Hier jagt ein Höhepunkt den nächsten. Kinder spielen Szenen aus den beliebten Kummerow-Büchern des Schriftstellers Ehm Welk nach, Tabakköniginnen halten Ansprachen, Tanzgruppen treten auf und eine Revue erinnert an die Höhepunkte aus 20 Jahren Tabakblütenfest. Dazu gibt es jede Menge zu Essen und Trinken. Deftiges vom Grill, aus dem Räucherofen; aber auch Süßes und Pikantes in Form von Gebackenem und Süßem.
Zu einem Landfest gehört auch zünftige Blasmusik, was mich jetzt persönlich nicht ganz so begeistert, aber es kann nicht allen alles gefallen. Als sich die Kapelle an einer etwas mißlungenen Form des Fehrbelliner Reitermarsches versucht, nutze ich die Zeit, um der nahen Kreuzkirche einen Besuch abzustatten. Ein interessantes Gebäude mit halboffenem Chor, von dessen Turm man einen phantastischen Ausblick über Vierraden selbst bis nach Schwedt hat. Die Besteigung des Kirchturms ist heute umsonst, aber wer will kann zum Erhalt der Kirche spenden.
Schade auch, dass ein anderes Wahrzeichen von Vierraden (der alte Burgfried) in einem so schlechten Zustand ist.
Nach einem kleinen Rundgang durch den Ort geht es mit dem Fahrrad entlang von Sonnenblumen- und Maisfeldern zurück nach Schwedt.