Meine Rezension zum Geschichts-Bildband „Das Untere Odertal“ von Hans-Jörg Wilke.
Der Sutton Verlag aus Erfurt hat sich auf Veröffentlichungen aus dem lokal- und regionalhistorischen Bereich spezialisiert. So gibt es eine ganze Reihe von Publikationen über die Uckermark und auch den Barnim. Hans-Jörg Wilkes Buch „Schwedt an der Oder“ wurde ja hier bereits rezensiert. Hier lesen Sie jetzt die Rezension zu „Das Untere Odertal“ in der Ausgabe von 2005.
Inhalt
Stand im Vorgängerband fast ausschließlich Schwedt im Mittelpunkt, versucht dieses Buch ein Bild vom gesamten Unteren Odertal zwischen Hohensaaten bis kurz vor Stettin zu zeichnen. Der Zeitraum ist in etwa von 1880 bis zum 2. Weltkrieg anzusetzen.
Das Buch lässt auf 127 Seiten mit 230 Abbildungen die Zeit unserer Groß- und mittlerweile Urgroßeltern wieder auferstehen. Wie gestaltete sich ihr Leben, wie sah es in den Städten und Dörfern zur Jahrhundertwende aus? Wer waren die wichtigsten Protagonisten des Fortschritts, wer allgemein bekannte Unikate?
Diesen Fragen versucht „Das Untere Odertal“ auf den Grund zu gehen. Natürlich setzt hier die Photographie enge zeitliche Grenzen. Das Leben vor 1860 kann anhand von Photos schwer in Szene gesetzt werden. So ist dieses Buch auch kein Geschichtsband oder entsprechende Abhandlung, will es auch gar nicht sein.
Die Abbildungen und Erläuterungen dazu sind in 5 Kategorien eingeteilt, die auch in dieser Reihenfolge im Buch abgehandelt werden:
- Das Odertal um 1900
- Die Oderregulierung (1906 – 1928)
- Alltag an der Oder (1900 – 1940)
- Beliebte Ausflugsziele (1900 – 1940)
- Anfänge im Naturschutz (1920 – 1940)
Die Reduzierung bei den Kategorien gegenüber dem Vorgänger hat der Veröffentlichung gut getan. Es finden sich zwar dennoch wieder einige Vereinsphotos, die aber sinngebend integriert sind und zur Erklärung der Situation beitragen. Selbstverständlich ist der Bereich zur Oderregulierung am üppigsten ausgefallen – ohne diese Baumaßnahmen würde das Untere Odertal heute nicht so aussehen, wie es aussieht. Und auch damals stellte die eigentlich zum Hochwasserschutz eingeleitete Maßnahme eine gravierende Änderung in der Entwicklung der Ostuckermark in den kleinen Dörfern und Städten dar. Das Leben vieler Einwohner änderte sich radikal. Über Jahrhunderte lebte es sich von der Landwirtschaft (Ackerbau, Weidewirtschaft, Tabak), der Fortwirtschaft und dem Fischfang mehr schlecht als recht. Plötzlich entdeckten die Berliner und Stettiner Bürger den Landstrich als Sommerfrische. Ausflugsdampfer verkehrten zwischen Schwedt, Greifenhagen und Stettin und brachten Gäste in verschlafene Dörfer und Landgüter wie Niederkränig, Mescherin oder Stolpe. Kennzeichen dieser Entwicklung waren die vielen Ausflugslokale und Badeanstalten, die bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges gut besucht waren. Das wird im Buch sehr gut beschrieben und illustriert.
Aber auch das Handwerk und die Industrie erhielten nach der Oderregulierung, dem Bau der Wasserstraße (vor Ort heißt es schlicht „der Kanal“) und den technischen Entwicklungen der damaligen Zeit (Elektrizität, Eisenbahn, Dampf- und Maschinenkraft) einen gewaltigen Auftrieb. Das wird im Buch durch die Vorstellung von Ziegeleien, Brücken- und Eisenbahnbau, Ausbau von Kanalisation, Telefonnetz usw. gut dokumentiert.
Auf der letzten Seite gibt es nun auch eine Übersichtskarte, wo welche Orte und besprochenen Gebiete im Unteren Odertal zu finden sind. Das Fehlen einer solchen Unterstützung für den Leser hatte ich noch in der letzten Besprechung kritisiert.
Design und Layout
Die Aufmachung und das Design ist in dieser gesamten Veröffentlichungsreihe immer gleich. Nachzulesen bei „Schwedt an der Oder„.
Die Papier- und Druckqualität sind sehr gut. Bei den Bildern Bei den Bildern gilt das gleiche, was bereits in der vorherigen Rezension dazu geschrieben wurde. Qualität richtet sich nach dem Zustand der eingescannten Quelle. Dafür dass viele Bilder ca. 100 Jahre und älter sind, sind Schärfe und Kontrast in Ordnung.
Fazit
Dieses Buch bietet reichlich Bildmaterial zu einer Region in der Uckermark, die heute durch den Nationalpark Unteres Odertal bekannt ist. Hier wird aber über eine Zeit und das Leben der Menschen berichtet, als es noch keinen Nationalpark und auch keine Grenze zu Polen gab. Diese Erkenntnisse machen das Buch so faszinierend.
Auch wenn der Preis mit 17,90 € nicht ganz günstig erscheint, kann man nur zu einem Kauf raten. So eine Zusammenstellung an historischem Material findet man auf regionaler Basis in keiner anderen Veröffentlichung.